Renovieren in der Schwangerschaft: Darum kann es eurem Baby schaden
Ihr seid schwanger und wollt vor der Geburt noch das Kinderzimmer renovieren? Oder in eine neue Wohnung ziehen und diese zuvor renovieren? Leipziger Wissenschaftler halten das für keine gute Idee. Renovieren kann eurem Baby schaden – und zwar nicht erst, wenn es auf der Welt ist, sondern schon während der Schwangerschaft.
Viele Eltern ziehen vor der Geburt ihres Kindes in eine neue Wohnung, und die wird oft renoviert. Und wenn sie nicht umziehen, dann streichen oder tapezieren sie das künftige Kinderzimmer neu oder verlegen dort einen neuen Bodenbelag. Zwei Drittel der Eltern renovieren während der Schwangerschaft. Verständlich – alles soll schön aussehen, damit sich das Baby von Geburt an so wohl wie möglich fühlt.
Das ist alles gut gemeint, kann aber der Gesundheit des Babys schaden. Das haben aufwendige Langzeitstudien des renommierten Helmholtz Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig ergeben. Am UFZ erforschen Wissenschaftler seit über 15 Jahren den Zusammenhang zwischen Umweltfaktoren während der Schwangerschaft und dem Allergierisiko von Kindern.
Sie haben sie herausgefunden, dass vom Renovieren während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt eine Gefahr für die Kinder ausgeht, an Allergien zu erkranken. Diese betreffen vor allem die Atemwege und die Haut.
Die Wissenschaftler fanden außerdem im Nabelschnurblut der Neugeborenen Hinweise dafür, dass sich bereits der längerfristige Aufenthalt von Schwangeren in frisch renovierten oder neu eingerichteten Räumen ungünstig auswirkt. Die Kinder entwickeln dann später häufiger Allergiesymptome.
Flüchtige organische Verbindungen sind das Problem
Warum kann Renovieren der Gesundheit eures Babys schaden? Jede Renovierung ist mit Ausdünstungen aus Anstrichen, Klebstoffen, Teppichen und Möbeln verbunden. Viele Farben, Lacke, Holzschutzmittel und Klebstoffe enthalten flüchtige organische Verbindungen, die so genannten VOC, die sich für lange Zeit – etwa ein halbes Jahr – in der Raumluft befinden. In frisch renovierten Wohnungen ist die Chemikalienkonzentration also höher als in unrenovierten.
Die UFZ-Studien haben ergeben, dass in 25 bis 30 Prozent der Fälle, in denen Eltern während der Schwangerschaft renovierten, die Werte der 26 flüchtigen organischen Stoffe, die üblicherweise in Wohnungen gefunden und zur Beurteilung der Raumluftqualität herangezogen werden, erheblich überschritten waren.
Besonders kritisch sind neue Böden im Babyzimmer
Besonders kritisch ist es, im Babyzimmer neue Böden zu verlegen. Das Risiko, im ersten Lebensjahr eine Atemwegserkrankung zu bekommen, ist für Kinder, die in Wohnungen mit neu verlegtem Boden aufwachsen, etwa fünf Mal höher als bei Kindern, in deren Wohnungen kein neuer Fußbodenbelag verlegt wurde, das ergab eine der neuesten UFZ-Studien. Das liegt daran, dass flüchtige organische Verbindungen wie Styrol oder Ethylbenzol aus neuen Fußböden ausdünsten. Schätzungen gehen von 20.000 Fällen pfeifender Atmung bei Kleinkindern aus, die man vermeiden könnte, wenn Eltern in der Schwangerschaft nicht renovieren würden. Das pfeifende Atmen ist bei einem Drittel der Kinder ein Vorstadium für Asthma.
“Wir raten daher davon ab, in Wohnungen von Schwangeren Laminat, Teppichboden oder Fußbodenbelag neu zu verlegen”, sagt Ulrich Franck vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung. “Zwar sind die Konzentrationen dieser flüchtigen Chemikalien geringer, wenn kein Kleber beim Verlegen verwendet wird. Aber selbst dann reichen die Konzentrationen immer noch aus, um das Risiko der Kleinkinder, in den ersten Monaten an Atemwegsbeschwerden zu leiden, deutlich zu erhöhen.”
Immunsystem des Babys wird belastet
Frisch gestrichene Wände können insbesondere die Gesundheit von Frühgeborenen beeinträchtigen. Die UFZ-Forscher stellten hier eine zunehmende Häufigkeit des Säuglingsekzems fest.
Dass ausgerechnet Säuglinge das höchste Risiko aufweisen, durch Umweltbelastungen Allergien zu entwickeln, hängt vermutlich mit dem zur Geburt noch nicht voll ausgebildeten Immunsystem zusammen. Ein bestimmter Typ weißer Blutzellen, die so genannten Th1-Zellen, ist bei Säuglingen nicht oder nur in geringer Zahl vorhanden, wenn sie ausdünstenden Chemikalien ausgesetzt waren. Gerade diese Zellen sind es jedoch, die einen Schutz vor allergischen Entzündungsreaktionen bilden können. Besonders gefährdet sind Kinder, deren Eltern selbst an Allergien wie Asthma, Heuschnupfen oder Neurodermitis leiden.
Tipps zur Renovierung vor und nach der Geburt
Aber was sind die Alternativen, wenn ihr eurem neuesten Familienmitglied ein schönes Zuhause einrichten wollt? Die UFZ-Wissenschaftler haben auch herausgefunden, dass Renovierungen nach der Geburt des Kindes viel geringere Auswirkungen auf Atemwegsprobleme hatten als während der Schwangerschaft. Umso älter die Kinder werden, umso stärker schaltet sich das Immunsystem ein und leistet Schadensbegrenzung.
Wenn ihr also schwanger seid, dann solltet ihr die Renovierung der Wohnung oder den Umzug in eine frisch renovierte Wohnung lieber verschieben. Wartet damit am besten, bis das Kind etwa ein Jahr alt ist. Vor allem solltet ihr keine neuen Fußböden verlegen. Wenn sich das nicht vermeiden lässt, dann wartet damit lieber so lange wie möglich bis nach der Geburt.
Sollte sich eine Renovierung während der Schwangerschaft nicht vermeiden lassen, dann solltet ihr als Schwangere auf jeden Fall nicht mithelfen! Und die renovierte Wohnung sehr gut lüften. Reißt mehrmals täglich für 20 Minuten die Fenster weit auf. Das hilft, die Schadstoffkonzentration in der Luft schnell zu verringern.
Foto: Pat & Keri/Flickr unter CC BY-ND 2.0
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