Wer am 24. Dezember die Gaben bringt, ist innerhalb Deutschlands verschieden. In den 1930er-Jahren ergab eine Umfrage, dass Kinder in West- und Süddeutschland an das Christkind glaubten, in Mittel-, Nord- und Ostdeutschland waren sie dagegen überzeugt, dass der Weihnachtsmann die Geschenke bringt. Und das ist auch heute noch weitgehend so. Eine Analyse von Google Trends aus dem Jahr 2013 ergab, dass deutschlandweit gesehen die Suchanfragen nach dem Weihnachtsmann um ein Vielfaches über denen nach dem Christkind lagen. Nur in Bayern wurde häufiger nach dem Christkind gegoogelt als nach dem Weihnachtsmann und auch in Nordrhein-Westfalen gab es ein leichtes Übergewicht. Auch in Österreich bringt in der Regel das Christkind die Geschenke. Der Weihnachtsmann dagegen ist besonders in den neuen Bundesländern gefragt. In Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommen, Sachsen und Thüringen interessierte sich kaum jemand für das Christkind.
Das heißt, in katholischen Gebieten ist das Christkind verbreitet, in protestantischen oder atheistischen der Weihnachtsmann. Das allerdings war nicht immer so. Als die Bräuche entstanden, war es genau anders herum.
Der Nikolaus hat ausgedient
Seit 1555 – wie Quellen belegen – geisterte der Nikolaus, Bischof von Myra, im Brauchtum als weihnachtlicher Geschenkelieferant für die Kinder herum. Nur er brachte Geschenke, und zwar am Vorabend des 6. Dezembers. Das änderte sich mit Martin Luther. Der Reformator wollte die Verehrung von Heiligen neben Christus bekämpfen. Deshalb erfand er den “heiligen Christ”, der die Gaben anstelle des heiligen Nikolaus brachte. Die Bescherung wurde auf den 24. oder 25. Dezember verlegt. Für Kinder war diese Figur allerdings zu anonym, so dass sie nach und nach zum Christkind verniedlicht wurde.
Zunächst hatte das Christkind optisch noch Ähnlichkeit mit dem Jesuskind, doch mit der Zeit wandelte sich seine Erscheinung hin zu einer engelsgleichen Figur, die über Flügel, weiße Gewänder und goldene Locken verfügt und Reinheit sowie Kindlichkeit ausstrahlt. Zunächst folgten nur Protestanten diesem Brauch, aber über die Jahrhunderte verbreitete er sich auch in katholischen Gebieten. Somit feierten die Familien fortan am 24. Dezember das Fest der Liebe, bei dem das Christkind entweder noch am selben Abend oder in der Nacht auf den 25. Dezember die Geschenke brachte.
In den nördlichen Regionen Deutschlands schaffte es dagegen der Weihnachtsmann zur Weihnachtsikone zu werden. Er entwickelte sich aus der Figur des heiligen Nikolaus. Insbesondere seit dem 19. Jahrhundert, als sich das Weihnachtsfest zu einem familiären Bescherfest mauserte, wurde er ungefragt zum Außendienstmitarbeiter der Konsumgüterhersteller. Der Liedtext “Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben” von Heinrich Hoffmann von Fallersleben stammt aus dem Jahr 1835. Der Weihnachtsmann ist anders als viele denken also keine Erfindung von Coca-Cola.
Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts gab es für den Weihnachtsmann noch keinen Dresscode. Er trug mal blaue, mal rote, mal goldfarbene Mäntel und er wurde mal zwergenhaft klein oder riesengroß dargestellt. Erst im Zuge der Weihnachtswerbung von Coca-Cola bekam er ab 1931 das Aussehen, das wir heute mit ihm verbinden: Ein roter Kapuzenmantel mit weißem Pelzbesatz, Pausbacken und Rauschebart.
Wie erklärt man das mit dem Christkind und dem Weihnachtsmann Kindern?
Auch Kinder werden irgendwann einmal damit konfrontiert, dass in manchen Familien das Christkind kommt, in anderen der Weihnachtsmann und fragen dann natürlich nach, warum das so ist. Man kann dann sagen, dass es ja so viele Geschenke zu verteilen gibt, dass es einer allein nicht schafft und sich der Weihnachtsmann und das Christkind deshalb die Arbeit aufteilen. Und irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo das ältere Geschwisterchen zum jüngeren sagt: “Das Christkind gibt’s doch gar nicht!” oder ältere Kinder in der Kita behaupten, statt des Weihnachtsmannes würden die Eltern die Geschenke bringen. Dann kann man einfach entgegnen, dass der Weihnachtsmann und das Christkind nur den Kindern Geschenke bringen, die daran glauben. Bei den anderen müssen wohl oder übel die Eltern Geschenke kaufen, damit sie an Weihnachten nicht leer ausgehen.
Wie kommen Weihnachtsmann und Christkind?
Einfacher ist es natürlich, wenn ein Nachbar laut an die Tür klopft und dann schnell verschwindet. Wenn die Kinder die Tür öffnen, liegt da dann der Sack mit den Geschenken. So haben wir es in den letzten Jahren immer gemacht. In diesem Jahr versuchen wir aber, einen unserer Nachbarn als Weihnachtsmann zu engagieren.
Wenn das Christkind die Geschenke bringt, dann wird es in vielen Familien traditionell so gehandhabt, dass das Wohnzimmer an Heiligabend abgeschlossen ist. Vor der Bescherung klingelt ein Glöckchen – als Zeichen, dass das Christkind da war und die Kerzen am Christbaum angezündet hat. Dann dürfen die Kinder ins Wohnzimmer. In diesem Fall sehen die Kinder den Christbaum das erste Mal mit angezündeten (eingeschalteten) Kerzen bei der Bescherung. Die Geschenke liegen dann unter dem Christbaum.
Das Glöckchen muss natürlich irgendjemand klingeln. Damit die Kinder keinen Verdacht schöpfen und beide Eltern bei den Kindern sein können, wenn das Glöckchen ertönt, gibt es sogar Apps mit Weihnachtsglöckchen-Geklingel. Da kann man einen Countdown einstellen und nach der gewünschten Zeit ertönt dann das Glöckchen. Manche illuminieren auch den Weihnachtsbaum mit Hilfe einer Zeitschaltuhr.
In manchen Familien wird Goldstaub auf der Fensterbank verstreut, den das Christkind beim Wegfliegen hinterlassen hat oder die Person, die im Wohnzimmer ist, öffnet kurz vor der Bescherung das Fenster, aus dem das Christkind geflogen ist. Kinder können auch am morgen ein Glas Milch und ein paar Kekse ans Fenster stellen. Wenn das Christkind da war, ist dann ein Teil der Milch getrunken und ein paar Kekse sind angebissen. Auch dem Weihnachtsmann könnte man natürlich etwas hinstellen.
In den USA und in Großbritannien ist es nach wie vor üblich, dass der Weihnachtsmann um Mitternacht die Geschenke bringt – angeblich durch den Kamin– und die Kinder sie am Morgen des 25. Dezembers öffnen dürfen. Auch im deutschsprachigen Raum haben einige Familien diesen Brauch übernommen – was sich vielleicht anbietet, wenn die Eltern Heiligabend arbeiten müssen.
Weitere Rituale rund um die Bescherung
Auch die Bescherung wird unterschiedlich gehandhabt. In der Familie meines Mannes ist es so, dass jeder seinen Platz unter dem Baum hat, wo alle seine Geschenke liegen. Alle machen sich dann gleichzeitig über ihre Geschenke her. Mir gefällt das nicht so gut. Bei uns zu Hause war es immer so, dass das jüngste Kind anfangen durfte, seine Geschenke auszupacken – und alle anderen schauten dabei zu. Wenn es alles ausgepackt hatte, kam das nächstälteste Kind bis schließlich alle Geschenke ausgepackt waren.
In anderen Familien ist es so, dass der jüngste ein Geschenk aussuchen darf und dann vorgelesen wird, für wen es ist (da müssen natürlich Anhänger an alle Geschenke). Derjenige, für den es war, darf es dann auspacken und als nächster zum Baum gehen, um ein Geschenk wegzunehmen. Das ist, wie ich finde, auch eine schöne Idee, weil die Familienmitglieder abwechselnd drankommen und auch alle zuschauen, was in den Geschenken drin ist. Auch Würfeln, wer zuerst seine Geschenke auspacken darf, ist verbreitet.
Wie feiert ihr Heiligabend und wie läuft bei euch die Bescherung ab? Hinterlasst doch gerne einen Kommentar!