In Deutschland passiert es relativ selten, dass ein Kind beide Eltern gleichzeitig oder kurz hintereinander verliert. Trotzdem zählt die Deutsche Rentenversicherung immerhin rund 1000 Kinder, die pro Jahr zu Waisen werden. In vielen Fällen sind die Eltern nach einer Krankheit gestorben, so dass noch Zeit war Vorsorge zu treffen. Aber auch für den unwahrscheinlichen Fall eines Unfalls sollten Eltern vorsorgen. Denn wenn sie das nicht tun, dann kann es im schlimmsten Fall passieren, dass das Vormundschaftsgericht eine völlig fremde Person zum Vormund bestellt.
Wohin kommen verwaiste Kinder?
Um das zu verhindern oder auch um zu verhindern, dass das Kind zu nahen Verwandten kommt, die man selbst nicht als Vormund für geeignet hält, weil sie vielleicht ganz andere Vorstellungen über die richtige Erziehung haben als man selbst, sollten Eltern unbedingt eine Sorgerechtsverfügung schreiben. Es gibt nämlich keine festen Regeln, zu wem ein vollverwaistes Kind kommt. Wenn die Eltern gestorben sind, kommt das Kind nicht automatisch zu nahen Verwandten wie volljährigen Geschwistern der Eltern oder zu den Großeltern. Diese sind allerdings die ersten Ansprechpartner für die Gerichte. Auch zu den Paten kommen die Kinder nicht automatisch.
Wenn lediglich ein Elternteil stirbt, dann kommt das Kind grundsätzlich zum verbliebenen Elternteil – es sei denn dies widerspräche dem Kindeswohl. Das gilt auch für getrennt lebende und geschiedene Eltern.
Der Richter wird stets versuchen, die beste Lösung für das verwaiste Kind zu finden – dabei ist es ideal, wenn er sich am Willen der Eltern orientieren kann. Aber dazu muss er den Willen erst mal kennen. Vor allem dann, wenn keine verwandte Person in Frage kommt und jemand außerhalb der Familie das Sorgerecht erhalten soll, den ein Gericht vielleicht gar nicht in Erwägung gezogen hätte.
Eltern sollten sich also frühzeitig Gedanken darüber machen, wer im Falle ihres Todes am Besten in ihrem Sinne und zum Wohl der Kinder die Fürsorge übernehmen könnte. Infrage kommen vor allem Verwandte oder gute Freunde. Man sollte auch klären, ob die Person auch tatsächlich bereit wäre, die Vormundschaft für ein oder mehrere Kinder im Falle des Falles zu übernehmen. Vielleicht bietet es sich auch an, sich mit einem etwa gleich altem Elternpaar zusammen zu tun und sich für den Ernstfall gegenseitig zu Vormündern zu bestimmen.
Wie macht man eine Sorgerechtsverfügung?
Eine Sorgerechtsverfügung können alle Eltern machen, die das Sorgerecht für ihre Kinder haben. Ist das Sorgerecht zwischen Vater und Mutter geteilt, dann müssen bei verheirateten Eltern beide unterschreiben. Bei nichtverheirateten Eltern muss jeder eine eigene Sorgerechtsverfügung machen. Falls unterschiedliche Personen benannt werden, gilt jene des Elternteils, der zuletzt verstorben ist.
In der Sorgerechtsverfügung können Eltern einen Vormund für ihre Kinder benennen, außerdem eine Ersatzperson und man kann auch Personen explizit von der Vormundschaft ausschließen. Wenn Alleinerziehende den verbliebenen Elternteil ausschließen wollen, dann müssen sie dafür allerdings triftige Gründe anführen und andere Personen benennen.
Damit das Gericht die Sorgerechtsverfügung anerkennt, gelten bestimmte Regeln. Diese sind die selben wie für ein Testament.
- Die Sorgerechtsverfügung muss von einem Elternteil KOMPLETT von Hand verfasst und mit Vor- und Nachnamen unterschrieben sein
- Ein Notar kann die Sorgerechtsverfügung ebenfalls verfassen. Dann reicht es aus, dass die Eltern unterschreiben. Diese Variante ist allerdings kostenpflichtig.
- Die Sorgerechtsverfügung sollte Ort und Datum beinhalten
- Im Text sollte ein gewünschter Vormund benannt werden, mit Vor- und Nachname, Geburtsdatum und Wohnort
- Eventuell kann man auch eine Ersatzperson benennen, falls der Vormund die Aufgabe nicht übernehmen kann (weil er beispielsweise schwer erkrankt ist)
- es können auch Personen vom Sorgerecht ausgeschlossen werden. Damit das Gericht das nachvollziehen kann, ist es günstig eine kurze Begründung anzufügen, warum die Person das Sorgerecht nicht bekommen soll
- der benannte Vormund muss volljährig sein.
Wo bewahrt man die Sorgerechtsverfügung auf?
Am einfachsten und günstigsten ist es, die Sorgerechtsverfügung zu Hause bei den wichtigen Dokumenten oder in einem Tresor aufzubewahren und ein Exemplar (Achtung: Das muss ebenfalls handschriftlich verfasst sein, keine Kopie!) der Person zu geben, die man als Vormund bestimmt hat. Man kann die Verfügung auch bei einem Notar hinterlegen. Auch Nachlassgerichte übernehmen die Aufbewahrung gegen eine geringe Gebühr (75 Euro).
Muss das Betreuungsgericht dem Willen der Eltern folgen?
In der Regel ja. Nur wenn die Eltern jemanden als Vormund eingesetzt haben, der eindeutig nicht geeignet ist, kann es davon abweichen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Vormund selbst noch minderjährig ist oder wenn er an einer schweren Krankheit leidet und deshalb das Kind nicht versorgen kann.
Der benannte Vormund kann die Vormundschaft nur ablehnen, wenn er gute Gründe hat. Das wäre zum Beispiel möglich, wenn er selbst mehrere Kinder hat oder ihm seine Familiensituation die Betreuung der Kinder unmöglich macht. Ab 60 Jahren darf ein eingesetzter Vormund auch mit der Begründung ablehnen, dass er sich zu alt fühlt.
Wenn das Kind älter als 14 Jahre ist, dann kann es sich der Sorgerechtsverfügung auch widersetzen. Es darf ab diesem Alter mitbestimmen, wer es betreuen soll. Es macht also Sinn, die Sorgerechtsverfügung alle paar Jahre mal wieder zu lesen und gegebenenfalls zu überarbeiten.
Wie kann man eine Sorgerechtsverfügung formulieren?
Da die Sorgerechtsverfügung von Hand verfasst werden muss, gibt es keine Vordrucke. Damit man eine Ahnung bekommt, wie eine gültige Sorgerechtsverfügung aussehen könnte, hier ein Beispiel mit fiktiven Namen, das ihr abschreiben könnt.
Foto: Mamaclever
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