Die Kinder müssen in der Bahn anders als im Auto nicht die ganze Zeit stillsitzen und auch nicht angeschnallt sein, sie kosten unter 6 Jahren anders als im Flugzeug nichts und für dringende Bedürfnisse wie den Klogang oder Hunger muss man nicht extra die Fahrt unterbrechen: All das spricht dafür, mit Kleinkindern die Bahn als Fortbewegungsmittel zu wählen. Dennoch hat so eine Bahnfahrt mit Kleinkind ihre Tücken – wenn man nicht weiß, worauf man bei der Buchung oder beim Einstieg achten sollte.
Spezielle Bereiche für Familien
Intercity- und ICE-Züge verfügen jeweils über ein Kleinkindabteil, das sich insbesondere an Reisende mit Kindern im Alter von 0 bis 3 Jahren richtet, aber reservierbar ist es auch, wenn man bei der Buchung angibt, dass man mit Vier- oder Fünfjährigen reist. Je nach Zugtyp kann die Lage des Kleinkindabteils im Zug leicht variieren, es liegt aber immer in der Nähe des Zugchefabteils zwischen erster und zweiter Klasse. Der Standort des Kleinkindabteils ist im Wagenstandsanzeiger auf dem Bahnsteig mit einem Piktogrammsymbol gekennzeichnet.
Ausgestattet sind diese Kleinkindabteile je nach Zugtyp sehr unterschiedlich. Laut Bahn verfügen sie “in der Regel über Sitzplätze an einem Tisch, der sich zum Malen oder Spielen eignet”. In älteren ICEs, und von denen gibt es gar nicht wenige, sowie in manchen EC- und IC-Zügen besteht das Kleinkindabteil allerdings häufig aus einem stinknormalen 6er-Abteil, das sich von normalen Abteilen nur dadurch unterscheidet, dass es außen einen Aufkleber trägt, der es als Kleinkindabteil ausweist.
Wer Glück hat, findet im ICE 2, ICE3 oder ICE T ein geräumigeres Abteil vor, in das sogar ein Kinderwagen passt. Wichtig zu wissen ist noch, dass man die Kleinkindabteile zum Gang hin nicht verdunkeln kann, die Beklebung bietet lediglich einen Blickschutz. Aber das ist für Stillende ja auch schon mal viel wert.
Pro Zug gibt es in der Regel nur ein einziges Kleinkindabteil – dass das oft nicht reicht, hat inzwischen auch die Bahn bemerkt. Deshalb bietet sie seit Dezember 2015 auch Familienbereiche in fast allen ICE-Zügen (mit Ausnahmen im grenzüberschreitenden Verkehr, vor allem in Richtung Skandinavien). Dabei handelt es sich um Sechser- oder Großraumabteile, die wie die Ruhebereiche mit Banderolen und Aufklebern gekennzeichnet sind und nur von Familien reserviert werden können. Je nach Zuglänge stehen damit zwischen 8 und 24 Plätze zusätzlich für Reisende mit Kindern zur Verfügung.
Für Familien bis 5 Personen (max. 2 Erwachsene und bis zu 3 Kinder) bietet die Bahn für 9 Euro eine Familienreservierung an, die etwas günstiger als eine normale Reservierung ist. Wenn ihr bei der Onlinebuchung Kleinkinder in die Maske “Kinder 0-5 J” eintragt, bietet euch das System auch das Kleinkindabteil zur gezielten Buchung an. Wer sich das Geld für die Reservierung sparen will und nur zu zweit unterwegs ist, für den ist es interessant zu wissen, dass zwei Plätze pro Kleinkindabteil generell freigehalten werden, um auch spontan entschlossenen Reisenden mit kleinen Kindern einen Platz bieten zu können. So hat es mir jedenfalls eine Bahn-Sprecherin gesagt.
Das bedeutet natürlich auch, dass ihr mit eurem Kind/euren Kindern aller Voraussicht nach nicht allein in dem Kleinkindabteil sein werdet, was je nach Alter der Kinder von Vor- oder Nachteil sein kann. Wir jedenfalls haben mit einem Baby das Abteil gemieden, den das wäre durch ältere Kinder eher gestört worden. Mit einem Dreijährigen ist die Fahrt im Kinderabteil dagegen viel entspannter, wenn zufälligerweise noch ein anderes gleichaltriges Kind mit im Abteil ist.
Wo kann ich im Zug Windeln wechseln?
In jedem Rollstuhl-WC der ICE-Züge ist ein ausklappbarer Wickeltisch zu finden – allerdings gibt es pro Zug nur ein einziges Rollstuhl-WC. Wer am anderen Ende des Zuges sitzt, der muss einen sehr langen Weg in Kauf nehmen -das solltet ihr bedenken, wenn ihr außerhalb des Kleinkindabteils reserviert oder einfach so in den Zug steigt.
Die Kleinkindabteile befinden sich allerdings beim ICE 1, ICE 2 und ICE 3 in unmittelbarer Nähe des Rollstuhl-WCs. Und beim ICE T, wo es einen Abstand von mehreren Wagen zwischen Kleinkindabteil und Rollstuhl-WC gibt, wurde ein zusätzlicher Wickeltisch direkt in das Kleinkindabteil integriert.
In älteren IC-Zügen werden Wickeltische in den Rollstuhl-WCs der 2. Klasse angeboten, teilweise führen einige Zugverbände zwei solcher WCs. Und im neuen Intercity 2 gibt es den Kleinkindbereich im Obergeschoss des Steuerwagens. Im Untergeschoss des gleichen Wagens befindet sich das WC mit Wickeltisch sowie eine Stellfläche für Kinderwagen.
Wohin mit dem Kinderwagen?
“Kinderwagen sind für uns eine Herausforderung, vor allem wenn fünf, sechs Familien damit einsteigen”, heißt es bei der Bahn. Nur in den größeren Kleinkindabteilen ist Platz für einen Kinderwagen. In der 1. Klasse, die meist neben dem Kleinkindabteil beginnt, gibt es einen Stellplatz für einen Rollstuhlfahrer. Dort stellen viele Eltern ihren Kinderwagen ab, aber wenn ein Rollstuhlfahrer kommt, hat der laut Bahn Vorrang. Und wenn Kinderwagen in den Gängen oder vor den Türen geparkt werden, dann sind Fluchtwege versperrt und ihr könnt vom Zugbegleiter aufgefordert werden, den Wagen dort zu entfernen.
Vor allem Kinderwagen, die man nicht so zusammenklappen kann, dass man sie in den Gepäckfächern verstauen kann, stellen ein Problem dar. Das gilt auch für Fahrradanhänger und für dreirädrige Sportkinderwagen und von Geschwister- bzw. Zwillingswagen wollen wir gar nicht erst reden. Wenn man Pech hat, passen die nicht mal durch die Türen und Gänge des Zuges. Der Großteil der IC-Züge hat eine Türbreite von 80 Zentimeter, die ICEs haben fast immer 90 Zentimeter breite Türen. Die Breite der Gänge variiert je nach Bauart zwischen 50 Zentimeter (ICE T, 2. Klasse) und 74 Zentimeter (ICE 2, 1. Klasse). Eine genaue Übersicht gibt es hier.
Wenn es irgendwie geht, lasst den Kinderwagen zu Hause und transportiert euer Kind im Tragetuch oder in der Tragehilfe! Wenn das keine Option ist, prüft, ob ihr euch den Kinderwagen über den Gepäckservice der Bahn vorausschicken lassen könnt. Das kostet seit kurzem für Kinderwagen nur noch so viel wie für einen normalen Koffer, nämlich 17,50 Euro. Wer neben dem Kind nicht auch noch das Gepäck schleppen will, kann dieses ebenfalls vorausschicken lassen.
Kinder-Unterhaltung im Zug
Wie schon geschrieben sind die Zeiten von Klettertürmen und Wippen im Zug vorbei. Stattdessen gibt es teilweise Tische, Wände und Teppiche in den Kleinkindabteilen, die bespielt werden können. Manche Schaffner haben Kinderfahrkarten dabei (einfach danach fragen), und wenn man die im Bordbistro vorlegt, bekommt das Kind eine kleine Überraschung, beispielsweise eine kleine ICE- oder Busfigur, ein Malbuch und Stifte. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann auf der Website der Bahn schon vor Fahrtantritt eine Kinderfahrkarte ausdrucken, mit der man ebenfalls das kleine Präsent (sofern vorrätig…) im Bordbistro erhält.
Welche Zeiten meiden?
Besonders stressig ist das Bahnfahren mit Kind Freitag Nachmittag und Freitag Abend, denn dann sind die Züge wegen der Berufspendler sehr voll. Wenn möglich, lieber auf den Sonnabend ausweichen, dann wird die Fahrt sicher sehr viel entspannter – und oft auch günstiger, denn für Sonnabende gibt es häufiger Sparpreise.
Wer außerhalb des Kleinkindabteils reserviert, sollte unbedingt darauf achten, dass er mit seinen lebhaften Kleinkindern nicht aus Versehen im Ruhebereich landet. Laut Bahn ist im Reservierungssystem seit dem letzten Fahrplanwechsel allerdings eine neue Logik hinterlegt, damit dies Familien nur dann angeboten wird, wenn es überhaupt keine anderen Plätze mehr gibt.
Und zuletzt noch ein Wort zur Sicherheit: Der Albtraum einer jeden Mutter ist es, wenn der Zug mit dem Kind losfährt und sie noch am Bahnsteig steht. Deshalb beim Einstieg immer daran denken: Erst den Koffer, dann das Kind in den Zug heben. Auch beim Aussteigen gilt: zuerst das Gepäck, dann das Kind. So verhindert ihr, dass die Kleinen unbeaufsichtigt auf dem Bahnsteig herumlaufen.
Wegen der Steckdosen, die ganz praktisch sind, um beispielsweise den Fläschchenwärmer zu nutzen, muss man sich übrigens keine Sorgen machen. Alle Steckdosen im Zug sind kindergesichert.
Fotos: Mamaclever, Bahn
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