Klar, Muttermilch ist natürlich die erste Wahl, aber wenn man nicht stillen kann oder will, muss das Baby mit Säuglingsanfangsnahrung ernährt werden. Diese gibt es auf Kuhmilch- oder auf Sojabasis. In den vergangenen Jahren hat sich ein Stufenkonzept für die folgenden fünf Altersgruppen durchgesetzt:
- “Pre”-Säuglingsanfangsmilch, die von Geburt an gegeben werden kann
- “1er=-Säuglingsanfangsmilch, die ebenfalls von Geburt an gegeben werden kann, aber meist erst nach vier bis sechs Wochen gegeben wird
- “2er”-Folgemilch, die ab dem sechsten Lebensmonat gegeben werden kann
- “3er”-Folgemilch, ab dem zehnten Monat
- Kindermilch ab dem ersten Lebensjahr
1er-Milch unterscheidet sich von der Premilch nur durch den Zusatz von weiteren Kohlenhydraten. Im übrigen ist sie ebenfalls an die natürlichen Nährstoffgehalte der Muttermilch angepasst und auch nach dem sechsten Lebensmonat und bis zum Ende des Flaschenalters ausreichend. In erster Linie wird glutenfreie Maisstärke zugesetzt, bei manchen Sorten allerdings auch andere Zuckerarten. Dadurch ist die Milch sämiger und bleibt länger im Magen-Darm-Trakt. Sie hat aber nur geringfügig mehr Kalorien als die Premilch. Babys, die immer großen Hunger haben, sind mit 1er-Milch deshalb meist zufriedener und verlangen nicht mehr so oft nach der Flasche.
Folgemilch ist überflüssig
Die 2er- und die 3er-Folgemilch sind weniger gut an die Muttermilch angepasst und daher auf keinen Fall vor dem vierten Lebensmonat geeignet. Die Standards, was diese Milchsorten enthalten dürfen, sind weniger eindeutig als die für Pre- und 1er-Milch. Vereinfacht gesagt handelt es sich bei Folgenahrungen um 2/3- bis 3/4-Kuhmilchmischungen mit modifizierter Fettkomponente und Zusätzen von Vitaminen und Spurenelementen. Folgenahrungen dürfen laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) frühestens ab dem 5. Monat gegeben werden, da sie wegen ihres höheren Protein- und Mineralstoffgehaltes zu einer stärkeren Belastung der Niere führen. Eine ernährungsphysiologische Notwendigkeit für Folgenahrung besteht laut DGE nicht und sie sollte wenn dann auch erst gegeben werden, wenn mit fester Beikost begonnen wird.
Der Hauptvorteil der Folgemilch liegt daran, dass das Sättigungsgefühl durch eine noch bessere Sämigkeit länger anhält. Daher sollte sie auch mit einem größeren Sauger (Größe 2) verwendet werden. Zudem ist Folgemilch in Bezug auf wichtige Nährstoffe der reinen Kuhmilch überlegen, die Kinder erst ab einem Jahr trinken sollten.
Ab dem zehnten Monat futtern Babys längst Brei und trinken in der Regel nur noch einmal am Tag ein Fläschchen. Folgemilch 3, die für diese Altersgruppe beworben wird, ist dann aber völlig überflüssig, weil die Milch nicht stärker sättigen muss als ein Brei. Es reicht, Pre- oder 1er-Milch zu geben. Zudem sollten sich Kinder in diesem Alter an den Geschmack natürlicher Lebensmittel gewöhnen und dieser wird erschwert, wenn sie ständig süßschmeckende Pulvermilch bekommen.
Kuhmilch nicht im ersten Lebensjahr
Kuhmilch war lange Zeit absolut tabu in der Babyernährung und als Allergierisiko verschriehen. Zu Unrecht, wie man inzwischen weiß. Sie hat zwar im Babyfläschchen nichts verloren, weil ihre Nährstoffzusammensetzung für Kälber, nicht aber für Menschbabys optimal ist. Sie enthält zu wenig Eisen, zu viel Eiweiß und zu viel Kalzium. Zudem verhindert sie, dass Eisen aus anderen Lebensmitteln vom Körper des Kindes optimal aufgenommen wird. Deshalb sind größere Mengen Kuhmilch im ersten Lebensjahr nach wie vor tabu. Der Milchbrei, den das Baby etwa ab dem siebten Lebensmonat bekommt, darf aber mit Kuhmilch angerührt werden und auch in Kartoffelbrei fürs Baby kann ein Schluck Vollmilch. Rohmilch, Vorzugsmilch sowie fettarme oder Magermilch sind ungeeignet. Ansonsten raten sowohl die DGE als auch die Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin (DGKJ) von Kuhmilch im ersten Lebensjahr ab.
Im zweiten Lebensjahr sollten Kinder im Schnitt 300 Milliliter Milch und Milchprodukte pro Tag zu sich nehmen. Dazu gehören Käse, Joghurt und Milch. Ernährungsmediziner empfehlen für Kleinkinder fettreduzierte Milch (die mit 1,5 Prozent Fett).
Kindermilch – überflüssig und teuer
“Der tatsächliche Nutzen ist nicht nachgewiesen”, sagt Andrea Schauff von der Verbraucherzentrale Hessen. Auch Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sagt, dass diese besonderen Kleinkindermilchgetränke nicht notwendig sind und sogar Risiken mit sich bringen können. Das Bundesamt für Risikobewertung hat Kindermilch ausführlich untersucht und kommt in seinem Abschlussbericht von 2014 zu dem Ergebnis: “Angesichts der überwiegend adäquaten Nährstoffversorgung von Kleinkindern in Deutschland lässt sich im Rahmen einer abwechslungsreichen Familienernährung kaum vermeiden,
dass der Verzehr von Kindermilch zu unnötigen oder sogar unerwünscht hohen Nährstoffaufnahmen führt. Darüber hinaus tragen die Darreichungsform der Produkte (Pulverform) und der dadurch bedingte häufigere Verzehr aus einer Säuglingsflasche dazu bei, den bereits an anderer Stelle festgestellten Trend zur Infantilisierung der Kleinkindernährung zu fördern. Schließlich wird aufgrund der Tatsache, dass die Produkte teilweise aromatisiert sind (z. B. Vanille- oder Bananengeschmack), bei Kleinkindern die Geschmacksprägung gestört.”
Kindermilch ist aus ernährungsphysiologischer Sicht unnötig und birgt bei hohen Verzehrmengen ein Risiko für exzessive Nährstoffzufuhren, so das BfR.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit beanstandete sogar 15 Kindermilchgetränke, weil “sie hinsichtlich der Zusammensetzung nicht an die Ernährungsbedürfnisse von Kleinkindern angepasst” seien. Kindermilchprodukte enthalten zum Teil deutlich mehr Kalorien als fettreduzierte Kuhmilch, zudem mehr Zucker.
Was auf keinen Fall in die Babyflasche sollte: Mandelmilch, Reismilch, Frischkornmilch
Alternative Autoren empfehlen manchmal Mandel-, Reis- und Frischkornmilch als Säuglingsnahrung. Davor warnt das Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) ausdrücklich. Mandelmilch enthalte zu wenig Kalzium, das aber brauchen Kinder dringend zum Aufbau der Knochen und Zähne. Mandeln können außerdem Allergien auslösen. Frischkornmilch überfordere durch den hohen Ballaststoffgehalt die noch empfindliche Verdauung des Babys und vergrößere das Risiko, dass sie an der Stoffwechselkrankheit Zöliakie erkranken.
Auch Soja-, Ziegen-, Schafs- oder Stutenmilch gehören nicht in die Babyflasche. Die weit verbreitete Annahme, dass diese Tiermilchen weniger allergen als Kuhmilch sind, ist falsch. Auch sie enthalten das allergieauslösende Eiweiß Kasein. Ziegenmilch enthält zu wenig Folsäure, Stutenmilch ist zu fettarm und Schafsmilch ist wegen ihres hohen Fettgehalts problematisch.
Auch die “klassische” Milchflasche, wie sie von manchen Müttern aus Vollmilch und dem Zusatz von Kohlenhydraten wie Haferflocken oder Grieß selbst hergestellt wird, eignet sich nicht als Ersatz für spezielle Säuglingsmilchnahrungen. Die Zubereitungen weisen einen zu hohen Eiweißgehalt auf und zu wenig Vitamine und Spurenelemente. Selbst herstellen sollte man Säuglingsnahrung sowieso nicht, vor allem aus hygienischen Gründen. Industriell hergestellte Säuglingsnahrung ist heutzutage in jedem Fall von besserer Qualität als selbst gemachte. Will man aber aus irgendwelchen Gründen Säuglingsmilch unbedingt selbst herstellen, dann empfiehlt sich eigentlich nur die Halbmilch nach Droese und Stolley. Hier gibt es das Rezept dazu.
Zusammenfassung: Welche Milch wann?
Wer sein Kind nicht stillt oder zufüttern muss, verwendet im ersten Lebensjahr am besten Premilch, wenn das Baby davon schlecht satt wird, 1er-Milch. Ab einem Jahr bekommt das Kind dann fettreduzierte Vollmilch von der Kuh, und zwar zusammen mit Joghurt und Käse im Schnitt 300 Milliliter pro Tag. Alles andere ist umstritten, überflüssig oder sogar schädlich.
Fotos: bottle III von nerissa’s ring/Flickr.com unter CC BY 2.0, Mamaclever
[twoclick_buttons]
Fotos: bottle III von nerissa’s ring/Flickr.com unter CC BY 2.0, Mamaclever